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PRESSEERKLÄRUNG - Aufruf an den Berliner Senat: Handeln Sie – mit uns zusammen!

 

Berlin, den 12. März 2022

Aufruf an den Berliner Senat: Handeln Sie – mit uns zusammen!

Seit 14 Tagen sind wir, die Freiwilligenkoordination am Berliner Hauptbahnhof, rund um die Uhr im Einsatz und unterstützen die aus der Ukraine ankommenden Geflüchteten.

Unsere in diesem Zeitraum aufgebaute Expertise ist von ausschlaggebender Bedeutung, um weitere sinnvolle Schritte einzuleiten, die den Geflüchteten die bestmögliche Hilfe vor Ort gewährleisten. Die Situation am Hauptbahnhof braucht auch in den kommenden Wochen Struktur und Kontrolle – logistisch und humanitär! Wir glauben nicht, dass wir alles besser können, haben aber Erfahrungen vor Ort gesammelt, die ein im Büro sitzender Krisenstab nicht hat. Nutzen Sie unser Wissen!

Trotz größter Bemühungen, einen Austausch und eine funktionierende Kommunikation auf Augenhöhe mit allen Beteiligten – wie der Berliner Stadtmission, dem Senat und der Deutschen Bahn – aufzubauen, wurden unsere Vorschläge weitestgehend ignoriert. Vor allem nach der Eröffnung des Zelts am Washingtonplatz finden sich Geflüchtete immer wieder in prekären, nicht tragbaren Situationen, zum Beispiel frierend unter freiem Himmel in der Schlange vor dem vollen Zelt und ohne warmes Essen nach tagelanger schwerer Reise. Dies haben wir vorausgesagt und angemahnt, wurden jedoch nicht gehört.

Wir möchten klar betonen, dass wir weiterhin dazu bereit sind, unsere Hilfe bereitzustellen und mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten, können dies unter den aktuellen Umständen aber nicht.

Folgende Umstände erfordern dringenden Handlungsbedarf. Und zwar jetzt, nicht nächste Woche.

1. Sicherheit der Geflüchteten und Helfenden: Aufgrund der durch das Zelt auf dem Washingtonplatz zusätzlich verkomplizierten Wegeführung kann immer weniger gewährleistet werden, dass Geflüchtete von Privatleuten angesprochen, nicht in „private Unterkünfte“ gelockt werden und so in die Fänge von Menschenhändlern geraten. Die Polizei- und Sicherheitspräsenz im Bahnhof ist ungenügend. Vor allem benötigen wir ausgebildetes Sicherheitspersonal für die Bereiche der Kinderbetreuung. Zweitens entstehen durch das fehlende Sicherheitspersonal, mangelhafte Transportmöglichkeiten und schlechte Kommunikation, vor allem nachts, immer wieder höchst gefährliche Situationen aufgrund ungesteuerter Menschenmassen. Dies kann lebensgefährlich werden!

2. Einbindung: Freiwillige müssen aufgrund ihrer wochenlang erarbeiteten Expertise als gleichwertiger Stakeholder neben anderen Akteuren (Bahn, Senat, Polizei etc.) gesehen werden. Vertreter*innen von Flüchtlingsinitiativen, die seit 2015 Expertise aufgebaut haben, wie Moabit Hilft, Berlin Hilft oder Freiwillige Helfen, müssen unbedingt in den Krisenstab aufgenommen werden, um Freiwillige unterstützen und entlasten zu können.

3. Kommunikation: Für die freiwilligen Helfenden muss ein schneller, funktionierender Informationsfluss für die Prozesse vor Ort geschaffen werden. Alle Entscheidungen, die unsere Arbeit betreffen, müssen in Absprache mit uns erfolgen, um zielführend umgesetzt werden zu können. Bisher wurden wir stattdessen oft vor vollendete Tatsachen gestellt.

4. Verlässlichkeit: Die Aussagen und Zusagen, die wir bekommen, müssen verbindlich sein. Ein anschauliches Beispiel ist das Catering, welches vom Senat übernommen werden sollte, dann aber nicht mit ausreichend Personal ausgestattet wurde. Es musste wieder von uns übernommen werden, um nicht zu kollabieren.

5. Corona: Es braucht ein tragbares Corona-Konzept. Allen Freiwilligen müssen tägliche Tests in ausreichender Anzahl zur Verfügung gestellt werden. Für die Reinigung, die Desinfektion der Tische und die Entsorgung des Mülls muss der aktuelle Personalschlüssel der DB dringend erhöht werden.

6. Medizinische Hilfe: Der feste DRK-Stützpunkt im UG1 wurde mit Eröffnung des Zelts zurückgebaut. Vor allem im Hinblick auf die kommenden Wochen wird dies dramatische Folgen haben. Es werden immer mehr verletzte und traumatisierte Menschen in Berlin ankommen, dies sind die Folgen des voranschreitenden Krieges. Notfallhelfer werden an beiden Standorten (UG1 und Zelt) rund um die Uhr gebraucht. Es fehlt zudem an Rollstühlen, Wärmflaschen, Sitzkissen und Decken. Die Ärztekammer hat sich bereits angeboten. Es besteht dringender Bedarf an Apotheker*innen und Ärzt*innen, die in akuten Notsituationen Medikamente ausgeben dürfen.

7. Psychologische Betreuung: Wir fordern dringend russisch- und ukrainisch-sprachige psychologische Notfallbetreuung der Geflüchteten vor Ort. Dies kann weder durch Dolmetscher*innen erfolgen, noch auf die Ankunft in den Aufnahmezentren warten.

8. Informationen über die Unterkünfte: Wir benötigen verlässliche Informationen zu den Unterkünften, in die die Geflüchteten mit Bussen gebracht werden. Wo befinden sich diese? Was sind es für Unterkünfte? Wer sind die Ansprechpartner*innen vor Ort und wie geht es von dort aus weiter? Ohne diese Informationen steigen die wenigsten in Berlin ankommenden Geflüchteten aus Angst von der Ungewissheit in die Busse. Dies verstärkt die Überlastung des HBF. Jede Nacht schlafen hunderte Geflüchtete im Bahnhof auf den Bänken, auf dem Boden und in den Toiletten.

9. Versicherung: Eine Versicherung für Ehrenamtliche ist angesichts des persönlichen Risikos und der Belastung, der wir täglich ausgesetzt sind, unabdingbar.

10. Lebensmittel:

10.1        Wir brauchen warmes Essen und warme Getränke. Die Menschen frieren im kalten Bahnhof. Diverse Restaurants bieten ihre Hilfe an. Diese muss genutzt werden!

10.2        Die Mengen müssen erhöht, eine bedarfsgerechte Versorgung sichergestellt werden. Aktuell sagt das offizielle, vom Senat beauftragte Catering selbst, dass es ohne unsere Spenden nicht ausreichen würde.

10.3        Gerade für Kinder muss das Angebot unbedingt erweitert werden.

10.4        Das vom Senat zugesagte Catering muss rund um die Uhr besetzt sein. Auch mit mindestens zwei Menschen, die russisch/ukrainisch sprechen.

Wir brauchen jetzt sofort den vollen Rückhalt und die Unterstützung der Verantwortlichen der offiziellen Organe. Dies ist keine Anklage, sondern ein Appell nach sofortigem Handlungsbedarf, da unter den aktuellen Umständen die weitere Versorgung nicht mehr gewährleistet werden kann.

Menschen, die bei uns landen, fliehen vor Krieg und sind nicht nur eine „logistische Herausforderung“. Sie verdienen es, nach ihrer langen Reise mit Würde behandelt und bestmöglich versorgt zu werden. Dafür sind wir hier.

 

 Kontakt: Diana Henniges - diana@moabit-hilft.com - 0160 964 80003

 

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Pressemitteilung 12. März 2022 - Aufruf an den Berliner Senat: Handeln Sie – mit uns zusammen!
Seit 14 Tagen sind wir, die Freiwilligenkoordination am Berliner Hauptbahnhof, rund um die Uhr im Einsatz und unterstützen die aus der Ukraine ankommenden Geflüchteten.

Unsere in diesem Zeitraum aufgebaute Expertise ist von ausschlaggebender Bedeutung, um weitere sinnvolle Schritte einzuleiten, die den Geflüchteten die bestmögliche Hilfe vor Ort gewährleisten. Die Situation am Hauptbahnhof braucht auch in den kommenden Wochen Struktur und Kontrolle – logistisch und humanitär! Wir glauben nicht, dass wir alles besser können, haben aber Erfahrungen vor Ort gesammelt, die ein im Büro sitzender Krisenstab nicht hat. Nutzen Sie unser Wissen!
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