Offener Brief zum Landesaufnahmeprogramm Berlin.
Solidarität mit Afghan:innen: Landesaufnahmeprogramm jetzt umsetzen!
Am 14.12.2021 hat der Berliner Senat ein [ Landesaufnahmeprogramm für Menschen in Afghanistan ] beschlossen
500 exponierte Personen, wie beispielsweise Menschenrechtler:innen, Richter:innen, Frauenrechtler:innen, Künstler:innen, Ortskräfte und Familienangehörige sollten darin Berücksichtigung
finden.
Bis heute gibt es jedoch noch immer keine Aufnahmeanordnung oder wesentliche Bestrebungen, weitere Evakuierungsmaßnahmen durchzuführen.
Berlin muss endlich Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für alle in Berlin nur geduldeten Afghan:innen erteilen.
Es braucht eine nationale Vorgabe für Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für alle nur geduldeten Afghan:innen.
Die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach verkündete in der Pressemitteilung vom 14.12.2021: „Mit dem Landesaufnahmeprogramm wollen wir diesen Menschen helfen und Frauen, Kindern und
kranken Menschen eine sichere Zuflucht bieten. Auch Menschen, die seit der Machtübernahme durch die Taliban aufgrund ihres Engagements besonders gefährdet sind, müssen aufgenommen werden. Wir
freuen uns, dass sich auch die neue Bundesregierung zur humanitären Schutzverantwortung bekennt und Aufnahmen aus Afghanistan ermöglichen möchte. Wir hoffen daher auf ein schnelles Einvernehmen
des Bundesinnenministeriums.“
Von einem schnellen Einvernehmen kann 5 Monate später wohl keine Rede mehr sein.
Währenddessen spitzt sich die Lage in Afghanistan weiterhin zu. Zehntausende Menschen mit und ohne Aufnahmezusage warten dringend darauf, das Land verlassen zu können. Gleichzeitig weiten die
Taliban die Verfolgung und Unterdrückung der Bevölkerung immer
weiter aus.
Es häufen sich die Berichte über Hausdurchsuchungen, Gewalt und Festnahmen.
Frauen dürfen ohne eine männliche Begleitung nicht weiter als 45 Meilen reisen, viele von ihnen können nicht mehr arbeiten oder werden zusätzlich aufgrund ihres Einsatzes für Frauenrechte
verfolgt. Mädchen und Frauen wird der Zugang zu Bildung verwehrt.
Grundlegende Rechte von Frauen werden durch die Beschlüsse des neu geschaffenen „Ministeriums zur Förderung der Tugend und Verhinderung des Lasters“ faktisch abgeschafft.
Richter:innen, die einst Talibankämpfer verurteilt haben, werden nun von diesen verfolgt.
Sie und so viele weitere Menschen, die sich für Menschenrechte und Gleichberechtigung eingesetzt haben, müssen sich seit Monaten unter menschenunwürdigen Bedingungen verstecken. Sie können sich
kaum ernähren, ihre Angehörigen seit etlichen Monaten nicht sehen, keine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen und leben jeden Tag in Todesangst.
Unter ihnen auch viele, denen Deutschland bereits Aufnahmezusagen erteilt, für die Deutschland seine humanitäre Verantwortung ausgesprochen hat.
Werden sie entdeckt, drohen ihnen Folter und Tod. Kein Nachbarland bietet ihnen dauerhaften Schutz, kein Staat der Welt, keine Regierung kümmert sich um ihre Sicherheit.
Der ehemalige Innensenator Andreas Geisel verkündet in der Pressemitteilung vom 14.12.2021: „Die dramatischen Entwicklungen in Afghanistan haben uns tief erschüttert. In einer solchen
Krisensituation helfen wir selbstverständlich, denn Berlin ist ein sicherer Hafen
für Menschen in Not. Mit dem Landesaufnahmeprogramm wollen wir uns vor allem um die besonders schutzbedürftigen Menschen kümmern. Wir nehmen dabei auch die Ängste der Verwandten in Berlin
sehr ernst, die sich Sorgen um ihre Angehörigen machen.“
Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kürzlich gestellte Anfrage der Linken geht hervor, dass bereits mehrere [
Afghan:innen gestorben] sind, während sie sich im Aufnahmeverfahren befanden.
Dies verdeutlicht eindringlich, welche tödlichen Konsequenz sich aus der Verschleppung des Landes- und Bundesaufnahmeprogramms und den andauernden stark bürokratisierten Aufnahmeabläufen
ergeben.
Deutschland muss sich endlich seiner humanitären Verantwortung annehmen und schnellstmöglich Menschen aus Afghanistan evakuieren.
Es darf nicht noch mehr Zeitvergehen. Es dürfen nicht noch mehr Menschenleben riskiert werden.
Wir fordern von der Bundesinnenministerin:
- Die unverzügliche Umsetzung der Zusagen vom Sommer 2021 und die erleichterte Einreise all derer, die auf Listen stehen
- Die unverzügliche Zustimmung des Bundesinnenministeriums zur Umsetzung des
- Berliner Landesaufnahmeprogramms für Afghan:innen sowie zu weiteren Landesaufnahmeprogrammen für Menschen aus Afghanistan
- Die unverzügliche Umsetzung eines Bundesaufnahmeprogramms für Afghan:innen
- Unbürokratische Aufnahmeverfahren für gefährdete Personen und ihre Angehörigen, z.B. durch online Visumsverfahren
- Schutz darf nicht einzig an Arbeitsverträgen festgemacht werden, wir fordern die Wiederöffnung der Menschenrechtslisten und die kontinuerierliche Aufnahme gefährderter Personen nach §22 AufenthG – unabhängig ob sie als Ortskräfte gearbeitet haben oder aus anderen Gründen gefährdet sind
- Den unbürokratischen Familiennachzug zu in Deutschland lebenden Afghan:innen
Wir fordern vom Berliner Senat:
- Das beschlossene Landesaufnahmeprogramm darf nicht auf 500 Personen begrenzt bleiben, sondern muss der humanitären Krise gerecht werden
- Die Umsetzung der zugesagten Erweiterung des bereits bestehenden Landesaufnahmeprogramms für Syrer:innen und Iraker:innen auf afghanische Menschen
- Endlich Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für alle in Berlin nur geduldeten Afghan:innen
Gezeichnet von:
- Moabit hilft e.V.
- Pro Asyl
- Friedrichshain hilft e.V.
- Netzwerk Berlin hilft e.V.
- Kabul Luftbrücke
- Luftbrücke Afghanistan
- Flüchtlingsrat Berlin e.V.
- Sprungbrett Zukunft Berlin e.V., vertreten durch Dr. Sabine Speiser
- Yaar e.V.
- Flüchtlingspaten Syrien e.V.
- Wir packen’s an e.V.
- Blindspots e.V.
- Sophie Strauß und Marie-Noël Ferdinand